Gestern stand die Erde für einen kostbaren Moment im vollkommenen Gleichgewicht. Tag und Nacht waren gleich lang, Licht und Dunkel hielten sich die Waage. Die Herbst Tag und Nachtgleiche ist mehr als ein Datum im Kalender. Sie ist ein stilles Tor in die dunklere Jahreshälfte und zeigt, wie sich Balance anfühlt.
Ich spüre in dieser Zeit das tiefe Ausatmen des Sommers. Die Felder sind leer, die Bäume tragen letzte Früchte, der Duft von feuchtem Laub liegt in der Luft. Alles sammelt Kraft für den Winter. Auch wir dürfen uns ausrichten: Was will noch geerntet werden, was darf gehen.
Das astronomische Ereignis
Die Tag und Nachtgleiche – astronomisch Äquinoktium genannt – tritt auf, wenn die Sonne genau senkrecht über dem Erdäquator steht. Dann ist die Tagbogenlänge an allen Orten der Erde nahezu identisch. Durch die Refraktion der Atmosphäre sind Tag und Nacht nicht millimetergenau gleich, der Tag bleibt global gesehen einige Minuten länger.
Für die Nordhalbkugel markiert dieses Äquinoktium den Beginn des astronomischen Herbstes. Ab jetzt sinkt der Sonnenstand täglich um rund vier Bogenminuten, die Mittagshöhe der Sonne nimmt ab, die Tageslänge schrumpft pro Tag um mehrere Minuten.
2025 lag der exakte Zeitpunkt am 23. September um 10 Uhr 20 Mitteleuropäischer Zeit. Kein sichtbares Ereignis, sondern eine exakte Koordinate im großen Umlauf der Erde – berechenbar, messbar und doch von stiller Schönheit.
Symbolik und innere Bedeutung
Die Gleichheit von Licht und Dunkel spiegelt das Gleichgewicht in uns. Es ist der Moment zwischen Einatmen und Ausatmen, bevor das Jahr in die lange Nacht gleitet. Jetzt ist Zeit für Rückschau und Dank. Welche Früchte hast Du geerntet – innerlich wie äußerlich. Was darf losgelassen werden, damit Neues wachsen kann.
Der Rückzug des Lichts ist kein Verlust, sondern ein natürlicher Teil des Kreislaufs. Dunkelheit schenkt Ruhe und Regeneration – biologisch wie seelisch. Pflanzen ziehen ihre Säfte in die Wurzeln zurück, Tiere bereiten sich auf den Winter vor. Auch wir können diesen Rhythmus nutzen, um innere Reserven zu stärken.
Mabon im keltischen Jahreskreis
Mabon ist das zweite große Erntefest der Kelten und fällt genau auf diese Tag und Nachtgleiche. Historisch gesehen ist die Überlieferung spärlich, der Name „Mabon“ taucht erst in neuzeitlichen Quellen auf. Doch die keltischen Gemeinschaften feierten nachweislich Erntefeste: man dankte für Getreide, Obst und Nüsse, entzündete Feuer und ehrte die Kräfte von Sonne und Erde.
Spirituell steht Mabon für Ausgleich und Neubeginn. Licht und Dunkel sind gleich stark, und genau hier können wir unsere eigene Mitte finden. Es ist die Einladung, das eigene Erntejahr zu würdigen, Frieden mit Vergangenem zu schließen und Kraft zu sammeln für die stille Zeit des Winters.
Praktische Inspirationen
- Dankplatz: Sammle Blätter, Kastanien, Äpfel und lege sie als kleines Naturmandala. Sprich Deinen Dank – laut oder leise.
- Kerzenlicht: Zünde eine Kerze an und spüre bewusst, was reif ist und was gehen darf.
- Räuchern: Beifuß oder Salbei reinigen und beruhigen.
- Herbstküche: Koche eine Suppe aus Kürbis und Wurzelgemüse oder backe Apfelkuchen mit frischen Wildkräutern.
- Naturgang: Gehe bei Dämmerung hinaus und lausche den Geräuschen der Nacht.
Diese einfachen Schritte verbinden Dich mit dem Rhythmus der Erde.
Abschluss
Jetzt beginnt die stille Zeit, in der wir Kraft für den Winter sammeln. Die Natur zieht sich zurück, und auch in uns darf es ruhiger werden. Ohne Dunkel kein neues Licht, ohne Loslassen kein neues Wachsen. Mabon erinnert daran, den eigenen Rhythmus zu finden, zu danken und dem Leben zu vertrauen. Die Erde ruht – wir dürfen es auch.