Ein provokanter Satz und ich weiss, diese Art Beitrag gehört eigentlich nicht zu meinen Themen. Aber er ist mir einfach so wichtig, dass ich meine Gedanken mit Euch teilen möchte. Ich habe es mir einfach vom Herzen geschrieben, was mich gerade so bewegt.
Es geht um unsere Kinder und dass wir soviel von Ihnen lernen können!
Immer wieder stelle ich das fest und bin schon gar nicht mehr überrascht, dass die wundervollsten Erkenntnisse von meinen Kindern kommen. Falls Du keine Kinder hast, ist das nicht schlimm. Es gibt sicher viele Kinder in Deinem Umfeld, in welchem Du Dich befindest. Schau einfach genau hin.
Kinder sind immer im Hier und Jetzt.
Sie spielen und bewältigen in ihren Spielen ihren Alltag. Ich kann dazu das Buch MOMO von Michael Ende empfehlen. Dort kommen die Kinder zu Momo und lernen zu spielen. Dort ist es am Schönsten. Sie brauchen dazu keine Puppen und kein teures Spielzeug. Nein sie brauchen nur sich selbst und aus der Langeweile entstehen die wundervollsten Spiele.
Doch dies ist nochmals ein anderes Thema. Das warum es mir heute geht ist DIE BEWERTUNG. Jeder kennt sie, jeder hat sie erfahren und erlebt. Ob man nun vor vielen Leuten gesprochen hat und Applaus bekommt oder nicht, oder ob man dem Chef seine Arbeit zeigt und ein schiefes Gesicht, kann die ganze Arbeit zerstören. Bewertung begegnet und zu jeder Zeit im Alltag. Ich habe oben große Dinge genannt, aber Bewertung beginnt im Kleinen. Fast jedes Gespräch besteht aus Bewertungen. Man unterhält sich über Jemanden, wie man ihn findet und über ihn denkt. Die Person ist ja nicht da und so fällt das unglaublich leicht. Wir tun das den lieben langen Tag.
Manche Eltern unterhalten sich sogar im Beisein ihrer Kinder über die Kinder und bewerten. “das hat Lisa toll gemacht” oder “hier hat sich Emil überhaupt keine Mühe gegeben”. All das rutscht uns so leicht über die Lippen. Oder auch ein “Schau mal ist die Frau Müller dick geworden” und “Herr Schmid könnte auch seinen Garten besser pflegen”. Ach es gibt so viele Beispiele und oft ist es uns überhaupt nicht bewusst, dass wir permanent bewerten und sogar urteilen.
Für mich bedeutet das, das die Person sich das Recht heraus nimmt, dass ihre Sichtweise die Richtige ist. Oft richtet man sich da nach der Mode, dem Mainstream, was in den Nachrichten kommt und einfach allgemein gerade angesagt ist. Doch ist das wirklich richtig?
Eine gute Frage, oft gab es Menschen, welche anders waren und Jahre später stellte sich heraus, dass sie einfach große Visionäre oder Vordenker waren. Gut, es gab auch Menschen die mit ihrem Leben überhaupt nicht klar kamen. Ja all das gibt es. Aber gibt es wirklich ein RICHTIG und ein FALSCH?
Ihr seht, je mehr man sich dieser Frage nähert umso mehr Fragen werden aufgeworfen. Ich werde versuchen beim Thema BEWERTUNG zu bleiben.
Wir bewerten also permanent unser Umfeld, unsere Kochkunst, unsere Arbeit, unsere Kinder, Mann, Frau, Nachbarn, Einkaufsläden, das Weltgeschehen. Wir beziehen Position und ordnen alles ein.
Ich gebe zu, dass dieses Einordnen sehr wichtig ist um zu überleben. Mir ist das aus meiner Praxisarbeit sehr wohl bewusst, dass wenn wir die Dinge nicht einordnen können, ein sehr großes CHAOS im Leben entstehen kann und auch zu einer Unfähigkeit führen kann ein Leben zu führen. Wenn wir den Müll in unserer Wohnung liegen lassen, wird er schimmeln und der Schimmel wird uns krank machen. Hm, ein Dilemma?!
Aus dieser Perspektive ist das Einordnen unseres direkten Lebensumfeldes wohl doch sehr wichtig und gewisse Regeln sind ebenfalls sehr wichtig. Wie stark die jedoch ausgelegt werden, kann schon wieder sehr verschieden sein. Person A stören schon ein paar Brotkrümel auf dem Boden, Person B stört es nicht, wenn der Einkauf einen Tag unaufgeräumt in der Küche herumsteht. Ich würde sagen die Spannbreite ist groß. Bei Beiden besteht keine Gefahr für Leib und Leben. Somit würde ich sagen, wenn sich jeder wohl fühlt, ist es für Beide völlig in Ordnung. Beide haben eine Ordnung für sich gefunden, welche funktioniert. Wenn nun Person A zu Person B kommt und die Einkaufskörbe herumstehen sieht und dann bewertend sagt: “das ist sehr unordentlich bei dir, so führt man aber keinen Haushalt” ist es sehr verletzend. Entweder ist Person B trotzig und bleibt bei sich oder stellt sich selbst in Frage und kann bei längerfristiger Bewertungsaussetzung sich selbst verlieren und sich als minderwertig fühlen oder noch schlimmeres.
Dies war nur ein kleines Beispiel.
Ich denke dass jedem von uns auf die ein oder andere Weise schon etwas Ähnliches passiert ist. Auf manche prasseln Bewertungen seit frühester Kinder in einem fort nieder. Dass die Person dabei kein oder wenig Selbstbewusstsein entwickeln kann versteht sich dabei von selbst. Aber auch im beruflichen Alltag geschieht dies leider viel zu oft. Wenn Personen ein gemeinsames Ziel vor Augen haben und auf verschiedenen Wegen darauf in ihren Möglichkeiten zugehen, ist es wundervoll. Oft jedoch geschieht das Gegenteil. Es sitzt ein Chef oben, welcher sein Bild hat und dieses umgesetzt haben möchte. Er sieht nicht die Möglichkeiten und Qualitäten seiner Mitarbeiter. Es wird bewertet und sogar mit Geld verstärkt. Derjenige welcher auf des Chefs Linie ist wird zum Überflieger, befördert und ist glücklich. Der Andere wird sich immer mehr als Versager fühlen und naja – auch da gibt es mehrere Möglichkeiten wie sich das weiter entwickelt. Auf alle Fälle nicht zum Guten. Und der Chef hat die Chance vertan die wundervollen Eigenschaften dieses Menschen für sich einzusetzen. Und ich habe eines gelernt: jeder von uns hat wundervolle Eigenschaften in sich. Manches mal sitzen die Menschen aus den verschiedensten Gründen an den falschen Plätzen aber das kann man ändern. Einfach in dem man es sich betrachtet und ohne Bewertung einschätzt. Warum werden zum Beispiel nur Einser Kandidaten Ärzte, ja sie können den Stoff erfassen, können sie aber auch alle empathisch mit ihren Patienten umgehen nur weil sie ein Einser Abitur haben? Es kann auch sein, dass ein Chef überhaupt keine Fähigkeiten dazu hat Mitarbeiter zu führen und glücklicher wäre, wenn er einen abgeschlossenen Arbeitsbereich hätte. Vielleicht hatte sein Vater aber die Firma gegründet und an ihn weitergegeben.
Es spielt oft keine Rolle, ob die Menschen am richtigen Platz sitzen. Manche Firmen berücksichtigen dies schon, oder holen sich externe Berater, welche mit einem neutralen Blick auf ihre Firma schaun. Aber oft ist es nicht so und so verletzten sich die Menschen jeden Tag aufs Neue, in Kafferunden wird getuschelt und oft auch ganz offen gemobbt, wenn jemand nicht passt. Man wird in Beförderungsrunden übergangen und einfach immer mehr an den Rand gedrängt.
Dies ist weder gut für die Firma, Betrieb, Behörde noch für die Menschen. Die Firma büsst an der vielgepriesenen Wirtschaftlichkeit ein und die Menschen gehen einfach zu Grunde. Der Burnout greift immer mehr um sich. Die Menschen sind buchstäblich ausgebrannt. Sie haben bis zum Schluss alles gegeben was sie konnten und es war doch nie genug.
Oh – jetzt habe ich viel geschrieben und eigentlich ging es mir darum, dass wir von den Kindern lernen können.
Ich bin Mama von zwei wundervollen Mädchen. Sie sind solche Geschenke für mich und ich könnte schon allein deshalb den ganzen Tag jubeln. Ja – ok – auch bei uns holpert es hin und wieder, wenn das gemeinsame Ziel aus den Augen verloren wird. Dies ist jedoch allzunormal. Es geht mir aber um den alltäglichen Umgang miteinander.
Das beginnt damit, dass Zähne morgens geputzt werden. Das Ziel steht unumstösslich fest. Die Eine putzt elektrisch, die Andere von Hand. Es ist ihre Entscheidung. Ich bewerte nicht, außer es stellt sich heraus, dass von Hand geputzte Zähne vielleicht nicht so sauber sind. Da sind wir aber wieder beim Ziel. Wenn Tochter A mit der elektrischen Zahnbürste schlampig putzt und Tochter B mit der Handzahnbürste sehr gründlich.……ich denke ihr versteht was ich meine.
Sie haben beide lange Haare. Ich möchte dass sie gepflegt sind – Oberes Ziel – wie sie sie pflegen ob sie nun offene Haare tragen, ob Affenschaukeln, Pferdeschwanz, aufwändig geflochten, das spielt keine Rolle und ich finde sie sehen immer wunderschön aus. Ich unterstütze sie in ihren Wünschen. Das sehe ich als Aufgabe als Mama. Wie schlimm wäre es, wenn ich nun bewerten würde und am Ende noch gegeneinander ausspielen würde. “die geflochtenen Zöpfe sehen aber schöner aus”. Spürt ihr das was da passiert?
Wo soll da das eigene sortieren des Lebens von der Sicht des Kindes stattfinden, wenn es nur Bewertungen von Anderen erfüllen soll?
Kinder bewerten ihre Eltern (es gibt immer Ausnahmen) eigentlich überhaupt nicht. Ich habe ein paar Kilo zuviel auf den Rippen. Da würde ich von meinen Kindern nie etwas hören. Ob ich die Haare lang oder kurz trage, das interessiert sie nicht. Hauptsache ich kuschle mit ihnen und lese tolle Bücher vor. Das obere Ziel meiner Kinder: eine Mama, welche für sie da ist. Ich könnte mich wahrscheinlich sogar völlig gehen lassen, wenn ich für sie da bin, immer ein offenes Ohr habe, könnte ich mit fettigen Haaren und Jogginganzug auf dem Sofa sitzen. Gut – jeden Tag Rosenkohl würden sie sicher meutern, aber gut dosiert mit dem oberen Ziel gesunde Ernährung, darf auch Rosenkohl mal lecker zubereitet auf dem Tisch stehen.
Das BEWERTEN kommt erst später bei den Menschen! Beim Einen früher beim Anderen später. Ich denke das liegt einfach am Umfeld. Wenn man es gewohnt ist jeden ständig beurteilt zu bekommen, übernimmt man dies einfach.
Spätestens mit der Pupertät beginnt es, da werden Eltern peinlich. Aber woran liegt es?
Sie möchten ihren eigenen Weg finden, sie möchten so sein wie die Anderen, sie orientieren sich an ihren Freunden, an der Mode oder was auch immer. Es ist oft nicht aus ihnen heraus, sondern sie eifern etwas nach. Und sie haben dieses Bewertungsspiel schon ihr ganzes Leben vorgelebt bekommen. Zu Hause, in der Schule, ja sogar meistens im Hobby, ob es das Spielen eines Instruments ist, oder eine Sportart.
Sie werden zu kleinen Erwachsenen, welche immer weiter in diese Welt hineinwachsen.
Und als Erwachsener müssen wir wieder auf die Kinder zurückblicken und erkennen, wie wundervoll doch ihre Art ist auf die Welt zu blicken. Sie ist ohne Erwartungen, ohne Vorwürfe. Am besten läuft es, wenn all das keine Rolle spielt. Wenn man seine Kinder so annimmt wie sie sind und sie nicht zurecht ziehen möchte.
Einem Kind ist es egal ob man ans Meer oder in die Berge geht.
Wichtig ist es gemeinsam in Urlaub zu gehen und was zu erleben.
Dann strahlen sie einfach!
Ich bin dankbar, dass ich auf meine Kinder blicken und dies erkennen darf. Ich bin nicht heilig, ich bewerte sicher auch sehr viel. Aber ich versuche mir immer mehr bewusst zu werden, wann ich es tue und ob es überhaupt angebracht ist oder ob man die Dinge nicht auf mehrere Arten betrachten kann. Mein Leben ist dadurch schon viel bunter, fröhlicher und unerwarteter geworden.
Vielleicht Deines auch?
Ich wünsche mir von Herzen für meine Kinder und für alle Kinder der Welt, dass die Menschen das mit dem Bewerten immer besser hinbekommen und sie rauskommen aus der Bewertungsfalle, dass höhere Ziele gefunden werden und alle darauf zustreben und alle einfach einen guten Platz in der Welt finden.